Himmelsschlüssel für einen Schatz
Ihren Namen, die Erste des Frühlings, trägt Primula veris (oder Primula oficinalis) zu Recht. Das zeigte sich auch, als wir mit einer Gruppe Jungs zum Junggesellenabschied zum Rotwandhaus am Spitzingsee wanderten. Als wir den Pfannengraben erreichten, wichen die Bäume langsam zurück. Südseitig war der Schnee dieses Jahr schon längst geschmolzen und Frühjahrsblüher konnten früh Sonne tanken.
Als Frühblüher bringt die Schlüsselblume gelbe Farbtupfer in das Frühjahrsgrau der Berge
Der Weg führte vorbei an den Gumpen, die das Schmelz- und Regenwasser im Pfannengraben über Jahrhunderte gewaschen hatte und die im Sommer zu einem erfrischend-kalten Bad einladen. Doch trotz warmer Frühlingstemperaturen begnügte sich meine Gruppe damit nur den Fotoapparat zu zücken. Und je höher wir stiegen, umso zahlreicher wurden die Schlüsselblumen, bis wir an der Kümpflalm vor einem wahren Blütenmeer standen.
Als eine der ersten Frühjahrsblüher erfreut die echte Schlüsselblume den Bergwanderer schon ab März auf schneefreien Grashängen, die von der Sonne früh verwöhnt werden. Mit fröhlichem Gelb bringen ihre Blüten zusammen mit dem lilafarbenen Leberkraut und der ebenfalls lilafarbenen Schneeheide bunte Tupfer in die häufig noch graue Berglandschaft.
Ihre Heilwirkung war schon im Mittelalter bekannt
Die vielen Namen, die sie trägt, wie beispielsweise Kraftblume, Gichtblume, Fastenbleamle weisen schon auf ihre Nutzung als Arzneipflanze hin. Ihre Inhaltsstoffe sollen vor allem denen Linderung verschaffen, die von einem festsitzenden Husten geplagt werden. Die äußerliche Anwendung soll wärmen und gegen Melancholie helfen. Selbst Hildegard von Bingen schrieb in ihren Büchern über die Heilwirkung der heute nur noch selten vorkommenden Schlüsselblume.
Heute ist ihr Bestand bedroht und die Pflanze in Deutschland besonders geschützt
Man findet sie vor allem auf kalkhaltigem Boden von trockenen Wiesen bis hin zu lichten Wäldern in Ebenen und bis in Höhen von 1700 Metern. Neben der Zerstörung ihres Lebensraums hat vielleicht auch die Herstellung von Tinkturen und Tees in früherer Zeit dazu beigetragen, dass die Schlüsselblume heute seltener geworden ist.
Die höchsten Konzentrationen an medizinisch wirksamen Inhaltsstoffen finden sich in Wurzel und Samen, und auch die Blüten wurden zur Herstellung von Tees verwendet. Wenn jedoch diese Pflanzenteile entfernt werden, bedroht dies anders als etwa der Verlust von ein paar Blättern die Existenz der Schlüsselblume. Dann stirbt sie ab oder kann sich nicht mehr fortpflanzen. Die echte Schlüsselblume dient auch einigen Schmetterlingsraupen als Futterpflanze, und so ist mit der echten Schlüsselblume in Deutschlands Ebenen und Wäldern beispielsweise auch der Schlüsselblumen-Würfelfalter sehr selten geworden. In Deutschland ist die Pflanze deshalb besonders geschützt und das Pflücken der wilden Pflanzen nicht erlaubt. In den Bergen dagegen sieht man die Pflanze gerade im Frühjahr noch sehr häufig.
In der Mythologie führt die Schlüsselblume zu einem verborgenen Schatz
Das gefiel sogar den hartgesottenen Jungs, die in Gedanken schon bei einem feuchtfröhlichen Hüttenabend angelangt war. Insbesondere als ich dem Bräutigam erzählte, dass die Schlüsselblume auch als Himmelsschlüssel bezeichnet wird und in der Mythologie als Schlüssel zu einem verborgenen Schatz führen sollte.
Da machte Markus noch einmal ein Foto extra. Einen Schatz habe er schon gefunden, aber mit dem Himmelsschlüssel wolle er seiner Liebsten noch einmal eine besondere Freude machen.
Wollen Sie mehr erfahren über alpine Heilkräuter? Dann kommen Sie mit zu unserer naturkundlichen Wanderung im Naturpark Schlern-Rosengarten in Südtirol.