Flauschig weiche Löwenfüße als Liebesbeweis
Um seinem Mädel einen Liebesbeweis zu erbringen, ist manch einem Burschen nichts zu schwierig. Da würde der Verehrer sogar die Sterne vom Himmel pflücken. In alpinen Regionen war es vor nicht allzu langer Zeit sogar üblich, Sterne von weit oben herunter zu holen. Auch wenn es nicht in ganz so astronomische Höhen ging, schwierig wurde es allemal. Bis ins 20. Jahrhundert hinein pflückten die Männer in den Alpen für ihre Angebeteten das sternförmige Edelweiß. Doch nach jahrhundertelangen Liebesbekundungen war es nur noch in Steilgelände zu finden. So mancher Kraxler ließ sein Leben, als er auch dort nach den Sternen griff. Doch nicht nur die innig Verliebten erfreuten sich an der Schönheit der flauschigen „Löwenfüßchen“ (Leontopodium nivale – Leon = Löwe, podion = Füßchen). Mit dem zunehmenden Alpentourismus ab dem 19. Jahrhundert entwickelte sich das Alpen-Edelweiß zu einem Symbolbild der Alpen und war ein beliebtes Souvenir, das sogar in ganzen Sträußen an Touristen verkauft wurde. Ihm wird sogar eine medizinische Wirkung nachgesagt: Mit Milch und Honig gekocht soll es gegen Bauchschmerzen helfen.
Im Allgäu bewachte sogar die Bergwacht die Bestände des Edelweiß
Dass sich die alpinen Bestände des Edelweiß wieder etwas erholt haben, liegt an Schutzmaßnahmen, die in einigen Alpenregionen bereits Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt werden mussten. Während in Österreich, der Schweiz und in Deutschland das Edelweiß hierfür einfach unter Naturschutz gestellt wurde, musste im Allgäu die Bergwacht zum Schutz der Pflanze abgestellt werden. Von 1935 bis 2007 bewachte eine Abordnung der Bergwacht den Edelweiß-Bestand an der Höfats. Dabei beschützten die Bergwachtler sicherlich nicht nur das Edelweiß, sondern bewahrten auch übermütige Verliebte vor einem Absturz in den teilweise extrem steilen Grashängen, in denen sich zahlreiche tödliche Unfälle ereignet hatten. Entspannt hat sich die Lage für das Alpen-Edelweiß deshalb in unseren Bergen leider noch nicht. Weil die alpinen Grasmatten so intensiv genutzt werden, ist der Lebensraum dieser empfindlichen alpinen Pflanze weiterhin in Gefahr und sie steht in Deutschland auf der roten Liste der stark gefährdeten Pflanzen.
Sonnenschutz bis in 3400m Höhe
Interessant ist an der Pflanze, dass das, was wir beim ersten Blick für die Blüte halten, gar keine Blüte ist sondern nur sehr stark behaarte Hochblätter, die sternenförmig angeordnet sind. Die eigentlichen Blüten befinden sich in kreisrunden Blütenständen umgeben von den Hochblätter. Je nachdem wie weit die Blüten bereits aufgegangen sind, leuchten sie mehr oder weniger gelb. Tatsächlich sind nicht nur die Hochblätter sondern alle oberirdischen Teile des Edelweiß mit feinen Härchen überzogen.
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass diese Härchen die Pflanze nicht nur vor dem Austrocknen schützen, sondern auch eine wichtige Rolle beim UV-Schutz in den großen Höhen von bis zu 3400m spielen. Verglichen mit den Tallagen von unter 500 Meter über Null kann die UV-Strahlung in den Lagen mit mehr als 2000 Meter über dem Meer etwa 30 Prozent stärker sein. Diese sehr energiereiche Strahlung verursacht nicht nur Hautkrebs beim Menschen sondern kann auch die Zellen von Pflanzen schädigen. Das Edelweiß schützt sich durch seine dichte Behaarung erfolgreich davor. Dabei wird die UV-Strahlung nicht reflektiert, sondern absorbiert. Wissenschaftler überlegen nun, wie sie aus diesem Wissen einen effektiveren Sonnenschutz für den Menschen herstellen können.
Seine Heimat liegt im fernen Osten
Ursprünglich ist das Edelweiß übrigens auch nur ein zugereister Alpenbewohner. Seine Heimat liegt viele Tausend Kilometer östlich im Himalaya und den zentralasiatischen Steppen, von wo aus es mit dem Ende der letzten Eiszeit seine lange Reise zu uns antrat.
Wer also in den Alpen unterwegs ist und sich unbedingt ein oder auch gleich mehrere Edelweiß mit nach Hause nehmen möchte, der zückt am besten die Kamera. Doch auch viele Gartencenter bieten mittlerweile Zuchtformen von Leontopodium nivale für den heimischen Garten an. Damit es strahlend weiß bleibt und nicht zu sehr ergrünt, braucht es einen sehr sonnigen Platz und nährstoffarmen Boden, der gut wasserdurchlässig ist. Die wenigen Pflanzen in den Alpen schützen wir lieber. Es wäre ja schade, wenn die symbolträchtigste Pflanze der Alpen irgendwann nur noch Erinnerung wäre.
Und wenn Sie mehr über Alpenflora erfahren möchten, begleiten Sie uns während der Wanderung zu Südtirols alpinen Heilpflanzen.