Jungbrunnen am Rosengarten
Der Anfang war eine gerodete Hochfläche auf dem Tschafonsattel, eine kleine Schutzhütte für Viehhüter oder Holzfäller und sieben Teller, erzählt mir Josef Lunger. Genau 60 Jahre ist es her, dass seine Eltern durch einen Grundstückstausch mit der Gemeinde Tiers diesen schönen Flecken Land erworben haben, der eine so wunderbare Aussicht auf den Rosengarten ermöglicht. Aus der kleinen Schutzhütte von damals ist das Tschafonhaus entstanden, das heute außer für seine schöne Lage im Naturpark Schlern-Rosengarten auch für seine hervorragende Küche bekannt ist.
Ein schwerer Anfang auf dem Tschafonhaus
Die ersten Jahre auf dem Tschafonsattel waren sicherlich nicht einfach für Josefs Eltern. Die erste Zeit mussten sie noch alles selbst vom Tal zur Hütte hinauftragen. Aber es ging ihnen um Selbständigkeit und darum, etwas eigenes Vieh und einen Garten zu besitzen. Nach drei Jahren kam ein Muli dazu und später ein Haflinger von Steyr Puch. Wer dabei wie auch ich an ein Gestüt mit braunen Pferdchen und blonder Mähne denkt, liegt falsch. Der kleine, österreichische Geländewagen wurde in den 60ern vor allem für den Einsatz im Gebirge gebaut.
Eine Dusche als Verjüngungskur
Josef hat viel von der Ursprünglichkeit der Hütte erhalten, was dem Tschafonhaus seinen besonderen Charme verleiht. Auf seinen Gästezimmern ohne elektrisches Licht kuschelt man sich nachts in warme Decken aus Schafwolle, während man im Schein der Kerzen noch einmal den Tag Revue passieren lässt.
Zum Waschen kann man wählen zwischen einer Waschschüssel mit warmem Wasser auf dem Zimmer oder der Dusche hinter dem Haus.
Als die umherziehenden Regenwolken gerade eine Atempause einlegen, husche ich schnell in den Garten, um zu duschen. Nach einem Wettermix aus Nebel und Regenschauern wird das Wasser in der Dusche erfrischend kalt sein. „Ein Jungbrunnen!“ ruft mir Josef lachend zu. „Da wirst Du zehn Jahre jünger rauskommen. Dusch also lieber nicht zweimal!“ Schnell legt er mir noch ein Brett auf den Boden, damit ich nicht durch den Matsch laufen muss.
Die Dusche befindet sich auf der Rückseite des Stalls. Zwei Schwingtüren trennen mich von der Außenwelt. Während ich den Hahn aufdrehe, gleitet mein Blick über die grüne Wiese mit den beiden Kühen und weiter bis zum Wald. Die idyllische Aussicht lenkt vorerst vom kalten Wasser ab. Doch spätestens als mir das Wasser über den Bauch rinnt, bekomme ich Schnappatmung. Mit zehn Jahren jünger hatte Josef deutlich untertrieben. Tapfer halte ich bis zum Ende durch.
Das Schutzhaus Tschafon bezaubert durch seinen ursprünglichen Charme
Seit seine Eltern das Tschafonhaus aufgebaut haben, hat es sich nur unwesentlich vergrößert. Der Gastraum wurde 1975 etwas erweitert und aus dem kleinen Gärtchen von damals wurden drei Gemüse- und Kräutergärten, in denen Salat, Radieschen, Spinat, Kresse, Petersilie, Schnittlauch und viele weitere feine Kräuter wachsen, aus denen in der Küche kulinarische Köstlichkeiten gezaubert werden. Oder der Herd in der Küche, der in den 60er Jahren morgens um vier Uhr in der Früh aufgestellt wurde und von dem an jenem Tag gegen Mittag schon die ersten Knödel serviert werden konnten. Bis heute funktioniert er tadellos und ist in der Küche ein wahres Schmuckstück geworden. Den Gastraum ziert ein alter Ofen von 1884, den Bauern aus Völser Aicha, einem nahegelegenen Dorf, irgendwann einmal mit dem Ochsenfuhrwerk heraufgebracht haben. Sie waren damals vielleicht froh, den Ofen los zu sein und in Josefs Stube verbreitet das gute Stück bis heute wohlige Wärme. Und dann ist da noch die letzte Stufe am Ende der Treppe im ersten Stock, auf die Josef immer als Stolperfalle hinweisen muss.
Als er mir von dieser Stufe erzählt, lacht er und fügt hinzu, dass sich da halt jemand vermessen hat.
Vorsichtige Schritte für etwas Modernsierung
Natürlich wäre es einfacher, alles abzureißen und neu zu bauen. Damit könnte man sich in vielen Dingen leichter tun. Aber dann wäre es nicht mehr dasselbe und Josef bedeutet das Haus, so wie es ist, sehr viel. Als Kinder mussten sie mit dem Vater einen Kilometer weit ins Tal gehen, um sauberes Wasser zur Hütte zu bringen. Der Vater trug damals eine Kraxe mit einem 25 Liter-Eimer und die Kinder eine Kraxe mit je einem 5 Liter-Eimer. Erst 1975 wurde eine Pumpe für das Wasser eingerichtet. Den Graben hierfür haben die Eltern noch selbst geschaufelt. Später wurde dann auch eine Abwasserleitung gelegt und seit 2003 gibt es auf dem Tschafonhaus auch Strom für den Kühlschrank und die Spülmaschine, um den hygienischen Ansprüchen gerecht zu werden.
Die Bio-Gärten und der Bergwald sind das kulinarische Herz der Tschafonhütte
Die meisten Gäste auf der Schutzhütte kommen aber sicherlich nicht um zu übernachten, sondern weil man auf dem Tschafonhaus besonders gut isst. Neben und hinter dem Haus gibt es drei Biogärten mit Salat, Gemüse und Kräutern. Zudem nehmen sich Josef und seine Familie auch immer die Zeit, um im nahegelegenen Bergwald Bärlauch, wilde Beeren und Pilze zu sammeln. Je nachdem was die Jahreszeiten gerade so zu bieten haben. Daraus bereiten sie köstliche Marmeladen, Kräuterquark oder verfeinern ihre warmen und kalten Speisen, mit denen sie ihre Gäste verwöhnen.
Wer auf dem Tschafonhaus rastet, erlebt etwas Ursprüngliches und Echtes
Das Tschafonhaus ist eine besondere Schützhütte in der außergewöhnlich schönen Berglandschaft des Naturpark Schlern-Rosengarten. Wer auf dem Tschafonhaus als Gast einkehrt, kann sicher sein, dass er etwas Ursprüngliches und Echtes erleben wird. Bei einer der wundervollen Schmankerln aus der Küche oder bei einer Übernachtung auf dieser urig-schönen Berghütte.
Und wenn Sie einmal selbst auf dem Tschafonhaus verweilen möchten, dann kommen Sie mit zu unserer naturkundlichen Wanderung zu alpinen Heilpflanzen oder auf eine Hüttenwanderung durch die Sagenwelt Südtirols.