PFC: abstoßende Stoffe
Es ist warm, aber seit Stunden hüllt Regen die Landschaft ein. Wolkenfetzen haben sich an den Bäumen festgekrallt und wollen nicht loslassen. Etwas Wind, der sich nicht einstellen möchte, könnte sie losreißen und vertreiben. Aber was soll’s! Eine gute Regenhose und Regenjacke machen das schlechte Wetter gut erträglich.
In schön kugeligen Tropfen perlt der Regen von meiner Jacke ab. Als wir am Nachmittag auf der nächsten Berghütte ankommen, schüttele ich meine Regenklamotten kurz aus und die Tropfen fliegen in alle Richtungen.
Dass der Regen von der Oberfläche der Jacke und Hose so gut abperlt, liegt an der Imprägnierung, die auch regelmäßig erneuert werden muss. Die überwiegende Mehrheit der Hersteller von Outdoor-Ausrüstung verwendet hierfür sogenannte Perfluorcarbone und Polyfluorcarbone, die kurz als PFC zusammengefasst werden. Die Industrie stellt die Chemikalien in sehr großen Mengen her, da sie sich vielseitig einsetzen lassen. Sie lassen nicht nur Wasser abperlen, sondern sie sind auch fett- und schmutzabweisend und bilden widerstandsfähige Filme, weshalb sie in PFC-haltigem Feuerlöschschaum eingesetzt werden. Ohne dass wir uns dessen bewusst sind, befinden sich PFC aber vor allem in Alltagsgegenständen, wie beispielsweise auf der Innenseite von Coffee-to-go-Bechern, Lebensmittelverpackungen, schmutzabweisenden Teppichen oder Sofabezügen und in Arbeitsbekleidung. Für uns Bergwanderführer also in unserer Outdoor-Ausrüstung.
Leider haben diese Wunderimprägnierungsmittel auch einen großen Nachteil. Sie sind auf natürlichem Wege praktisch nicht abbaubar, weder mikrobiell noch durch Sonnenlicht oder durch Stoffwechselreaktionen in Organismen. Das bedeutet, dass sie sich seit ihrer Entwicklung vor mehr als 75 Jahren im Boden anreichern.
Infolge ihres bedenkenlosen Einsatzes sind PFC heute praktisch überall auf der Erde nachzuweisen. Zum einen durch die direkte Kontamination mit den Chemikalien und zum anderen durch den Wasserkreislauf und die Nahrungskette. Deutlich erhöhte Konzentrationen wurden beispielsweise in Eisbären gemessen, die noch nie eine Outdoor-Jacke getragen, einen Coffee-to-go gekauft haben oder sich Sorgen um Schmutz auf ihrem weißen Pelz machen mussten.
Das wäre nicht weiter schlimm, wenn PFC heute nicht im Verdacht stünden, die Gesundheit zu schädigen. Der Mensch nimmt PFC unter anderem über das Trinkwasser auf. In den USA werden mehr als sechs Millionen Menschen mit Trinkwasser versorgt, dessen Grenzwerte für PFC deutlich überschritten sind. Mögliche Gesundheitsschäden durch PFC sind Krebs, Erkrankungen der Schilddrüse, Bluthochdruck während der Schwangerschaft und Reaktionen auf das Immunsystem sowie Einschränkung der Fortpflanzungsfähigkeit von Männern und Frauen. Eine Studie in Norwegen über den Impferfolg bei der Immunisierung von Kindern gegen Diphterie und Tetanus legt nahe, dass mit steigender PFC-Belastung im Körper die Immunreaktion schwächer wird und der Immunerfolg reduziert ist. Ob und wie die Chemikalien dabei konkret der Gesundheit schaden, ist wissenschaftlich noch nicht ausreichend belegt. Daher ist der Umgang mit dem Problem auch sehr unterschiedlich. Die zuständigen Behörden in den USA haben in den vergangenen Jahren die zulässigen Grenzwerte herabgesetzt, was nur bedingt hilfreich ist, wenn sich die Chemikalien weiterhin im Boden und im Wasser anreichern.
Auch in Deutschland und Europa konnten PFC in den vergangenen zehn Jahren nachgewiesen werden, vor allem im Trinkwasser und in landwirtschaftlich genutzten Böden. Auf Betreiben des deutschen Umweltbundesamtes und der norwegischen Umweltbehörde wurden langkettige PFC und einige davon abgeleitete chemischen Verbindungen von der EU-Kommission als besonders besorgniserregend eingestuft und in die europäische Chemikalienverordnung aufgenommen. Als besonders besorgniserregend eingestufte Chemikalien unterliegen der Zulassungspflicht. Ohne diese Zulassung, bei der der Antragsteller nachweisen muss, dass er die Risiken im Griff hat, ist ihre Verwendung grundsätzlich verboten.
Die Industrie setzt nun vermehrt kurzkettige PFC ein, die sich zwar vermutlich weniger stark im Körper anreichern, dafür aber schneller die Umwelt verschmutzen. Immerhin verzichten einige wenige Hersteller von Bekleidung im Outdoor-Bereich mittlerweile sogar ganz auf den Einsatz von PFC in der ab Werk aufgetragenen Imprägnierung. Und es gibt auch Hersteller von Imprägniermitteln, die ebenfalls auf die Verwendung von PFC verzichten.
Bei Steinbock Bergtouren imprägnieren wir unsere Bekleidung mit Produkten von Nikwax, die dieses Jahr schon ihren 40. Geburtstag feiern. Nikwax (www.nikwax.com) hat von Anfang an in allen seinen Produkten garantiert PFC-freie Chemikalien eingesetzt und war damit das erste Unternehmen, das in Imprägniermitteln auf die umweltschädlichen Substanzen verzichtet hat. Wenn ich dann meine Regenjacke nach einem Regenschauer ausschüttele, brauche ich wenigstens kein schlechtes Gewissen zu haben, dass ich eine schwere Lodenjacke gegen eine federleichte Kunstfaserjacke getauscht habe und durch deren Imprägnierung womöglich die Umwelt belaste. Und als Coffee-to-go-Becher im Zug oder Auto habe ich meinen Kaffeebecher von Hydroflask (www.hydroflask.com) dabei, der meinen Kaffee dank vakuumisolierter Edelstahlkontruktion auch noch wesentlich länger warmhält als ein To-Go-Wegwerfbecher!