Traumjob mit Musik und Bergen
„Du werst mi dene Schua doch ned aufd Hüttn woin?“ rief Ursula dem Wanderer hinterher, der vor ein paar Jahren mit Turnschuhen von der Buchsteinhütte direkt zur Nordwand des Buchsteins aufstieg, und das obwohl dort noch reichlich Schnee lag. Der ältere Herr drehte sich nur kurz zu Ursula um, schmunzelte und sagte: „I scho!“ und stieg unbeirrt weiter. Als er später wieder an der Buchsteinhütte ankam, sagte Ursula zu einem Freund: „Do schau, des is der, der mit derer Turnschua hoch zur Tegernseer is.“ Da schmunzelte der Freund und antwortete: „Woarst Du ned wer des is? Des is doch da Engl Hans, der ois erster nachm Messner und an Habeler ohne Sauerstoff aufm Mount Everest war.“
Über diese kleine Anekdote muss Ursula Schwarz, Hüttenwirtin auf der Buchsteinhütte im Tegernseer Tal, heute noch herzlich lachen. Nein, den Extrembergsteiger Hans Engl hatte sie tatsächlich nicht erkannt. Aber als Hüttenwirtin liegt ihr und ihrem Mann Gerhard eben nicht nur das leibliche Wohl ihrer Gäste am Herzen sondern auch die Sicherheit der Bergwanderer und Bergsteiger, die auf der Buchsteinhütte vorbeikommen.
Auf der Buchsteinhütte wird immer frisch gekocht und gebacken
Seit genau fünf Jahren sorgen die beiden sommers wie winters mit viel Leidenschaft dafür, dass es auch immer mehr Gäste werden, die gerne bei der Buchsteinhütte vorbeischauen. Die Beständigkeit der Wirtsleute und frisch zubereitetes Essen seien wichtig für die erfolgreiche Bewirtung einer Berghütte, sagt Gerhard. Früher hätten die Pächter alle paar Jahre gewechselt und Essen sei oft aus der Kühltruhe gekommen. Das merken die Leute und bleiben dann aus. Aber bei Ursula und Gerhard wird immer frisch gekocht und gebacken. Da muss man auch mal damit leben können, dass abends der Kartoffelsalat aus ist und es zum Leberkäs mit Ei stattdessen Bratkartoffeln gibt.
Ursula entschied sie sich Gerhard bei der Verwirklichung seines Traums zur Seite zu stehen
Für Gerhard war es immer ein Traum, Wirt auf einer Berghütte zu sein. Und als vor etwas mehr als fünf Jahren der Buchsteinhütten-Verein für die Hütte im Tegernseer Tal einen Pächter suchte, war für ihn klar, dass er sich auf diese Stelle bewerben möchte. Bevor er sich aber als neuer Pächter dem Bewerbungsverfahren stellen konnte, musste er zuerst Überzeugungsarbeit bei Ursula leisten. Ursula war nämlich nicht so ganz angetan von der Idee, praktisch alle Freunde zu Hause im 65km entfernten Putzbrunn zu lassen und in die Einsamkeit der Berge zu gehen. In der Gastronomie kennt sie sich als gelernte Hauswirtschafterin allerdings gut aus, denn dort hat sie zuvor auch jahrelang gearbeitet.
Und weil die drei Kinder jetzt auch aus dem Haus sind und ihre eigenen Wege gehen, hatte es Gerhard am Ende doch nicht so schwer. Ursula entschied sich bald, dass sie Gerhard bei der Verwirklichung seines Traums zur Seite stehen möchte. Und so konnten die beiden bei der Auswahl der richtigen Bewerber den Buchsteinhütten-Verein schnell für sich gewinnen.
Das Lawinenunglück von 1999 brachte den Verein Buchsteinhütte an den Rand der Existenz
Die Buchsteinhütte gehört nicht dem Alpenverein, sondern wird vom Verein Buchsteinhütte getragen. Wie wichtig die finanzielle Unterstützung durch den Verein zum Erhalt der Hütte ist, zeigte sich beispielsweise, als 1999 eine Lawine von der Nordwand des Buchsteins abriss und ein Gebäude vor dem Haupthaus komplett zerstörte. Der damalige Hüttenwirt hatte großes Glück und die Lawine blieb nur wenige Meter vor der Hauswand der Haupthütte stehen. Da es in Bayern nicht erlaubt ist, nach einem einmalig erfolgten Lawinenabgang im Gefahrenbereich zu wohnen, hätte das bedeutet, dass der Hüttenwirt im Winter die Buchsteinhütte zeitweise hätte verlassen müssen. Stattdessen entschied sich der Buchsteinhütten-Verein zur Errichtung einer Lawinenverbauung. Die dafür notwendigen 230.000 Euro stellte freundlicherweise Löwenbräu in Form eines kostenlosen Darlehens zur Verfügung.
Bei kleineren Reparaturen weiß Gerhard sich als Schlosser aber auch oft selbst zu helfen, wenn einmal das Kraftwerk nicht so tut, wie es eigentlich sollte oder auch die Kläranlage spinnt.
Überhaupt muss man sich als Hüttenwirt nicht nur mit Begeisterung und Leidenschaft um seine Gäste kümmern, sondern vieles selbst erledigen, wie beispielsweise Holz schlagen und im Winter Schnee räumen, damit auch die Rodler den Weg zur Hütte finden.
Wie sie denn mit der Einsamkeit zurecht kämen, wenn bei schlechtem Wetter keine Gäste kommen oder wenn es im Winter mal wieder tagelang schneit? Ach, lacht Ursula, da freue man sich auch schon mal über ein extra Stündchen Schlaf und überhaupt hätten sie ja noch ihre Musik. Ursula spielt Gitarre und Gerhard diatonische Harmonika. Das wissen auch die Einheimischen im Tal sehr zu schätzen, in deren Gemeinschaft Gerhard und Ursula mittlerweile aufgenommen wurden. An einem der ersten verregneten Wochenenden in ihrer Zeit als Hüttenwirte stellten sich die beiden auf einen ruhigen Sonntag ein, als auf einmal mehr und mehr Einheimische mit ihren Instrumenten zur Hütte kamen und ein sehr lustiger Nachmittag mit viel Hüttenmusik draus wurde.
Kein Wunder, dass diese musikalischen Einlagen für die beiden zu den schönsten Erlebnissen auf ihrer Hütte gehören. Und wenn Sie Ursula und Gerhard mal kennenlernen und sich kulinarisch und vielleicht auch musikalisch verwöhnen lassen wollen, dann kommen Sie doch mit zur Isarwinkel-Tour.
Heuer feierten sie am 1. Mai fünfjähriges Hüttenjubiläum. Wir gratulieren herzlich und hoffen, dass sie noch viele Jahre dranhängen werden.